
Überwachung von Qualitätsmerkmalen bei Komponenten und Bremssystemen
Die Bremsscheibe beeinflusst das Geräuschverhalten des Bremssystems maßgeblich. Basierend auf ihren material- und konstruktionsbedingten Eigenschaften zeigt eine Bremsscheibe einige physikalische Effekte, die für die reproduzierbare Überwachung der Resonanzfrequenzen und deren Dämpfungswerte berücksichtigt werden müssen.
Viele Automobilhersteller haben in den vergangenen Jahren das Verhalten von Bremssystemen durch Material- und Konstruktionsmodifikationen optimiert. Besonders im Fokus steht neben Funktion und Gewicht auch die Geräuschentwicklung im Bremsbetrieb. Ziel ist es, Störgeräusch im Fahrzeuginnenraum zu minimieren. Dieses Thema erreicht im Bereich der Elektromobilität eine neue Dimension, da Elektrofahrzeuge einen wesentlich niedrigeren Gesamtgeräuschpegel als herkömmliche Fahrzeuge aufweisen.
Zur Qualitätsüberwachung beim Thema Geräuschentwicklung werden aktuell in der Serienproduktion von Bremskomponenten bauteilspezifische Resonanzfrequenzen überwacht. Einen sehr wichtigen Anteil im Bereich der Geräuschentwicklung hat jedoch neben der Resonanzfrequenz selbst auch deren Dämpfungsverhalten. Eine hohe Dämpfung bietet ein deutlich geringeres Potenzial zur Geräuschentwicklung im Bremsvorgang.
Das Dämpfungsverhalten wird in der Praxis derzeit ausschließlich in der Entwicklungs- und Prototypenphase untersucht. Die Überwachung des Dämpfungsverhaltens von kritischen Resonanzfrequenzen in der Serienproduktion ermöglicht eine deutlich verbesserte Qualitätsüberwachung.
Ermittlung der Resonanz
Resonanzfrequenzen sind der Fingerabdruck eines Bauteils. Unter vergleichbaren Bedingungen verändern sie sich nicht und können reproduzierbar gemessen werden.
Zur Ermittlung der Resonanzfrequenzen wird die akustische Resonanzanalyse verwendet, die den physikalischen Effekt nutzt, dass ein Bauteil, das zum Schwingen angeregt wird, in seinen Eigenfrequenzen schwingt.
Eine Bremsscheibe zeigt viele Resonanzfrequenzen, die je nach Schwingungsform in bestimmten Bauteilbereichen auftreten, zum Beispiel am Reibring oder am Topf. An der Geräuschentwicklung beim Bremsvorgang sind hauptsächlich die Schwingungsformen am Reibring relevant. Sie werden als Prüfmerkmal für die Qualitätsüberwachung genutzt. Diese Frequenzen liegen üblicherweise im Bereich von 500 bis 5000 Hertz.
Die Resonanzfrequenzen und die zugehörigen Schwingungsformen werden in der Entwicklungsphase über die Finite Elemente Methode (FEM) bisher lediglich theoretisch berechnet. Die Dämpfung einer Frequenz kann jedoch ausschließlich experimentell ermittelt werden. Daher werden in der Prototypenphase umfangreiche Labormessungen am Bauteil selbst und anschließend unter dynamischen Bedingungen im eingebauten Zustand durchgeführt.
Resonanzfrequenzen werden durch Fertigungs- und Materialtoleranzen beeinflusst. Design- und konstrukionsbedingt, gibt es Bereiche in denen einige Resonanzfrequenzen sehr nahe bei einander liegen beziehungsweise sich überlagern können. Bei der Serienüberwachungen ist daher wichtig, Prüfmerkmale zu wählen, die auch unter Berücksichtigung der zulässigen Toleranzen eindeutig detektiert und zuverlässig ausgewertet werden können.
Dämpfungsverhalten
Ein akustisches Signal enthält alle angeregten Resonanzfrequenzen des Bauteils, die jeweils ein individuelles Dämpfungsverhalten aufweisen. Um die Frequenzen einzeln auswerten zu können, werden sie aus dem Zeitsignal berechnet. Ziel ist es, für die relevanten Resonanzfrequenzen jeweils den Wert der niedrigsten Dämpfung zu ermitteln.
Bei Bremsscheiben ist dies aufwändiger als bei anderen Bauteiltypen. Insbesondere die Schwingungsformen am Reibring einer Bremsscheibe zeigen systematische Änderungen im Bereich der Frequenz- und auch der Dämpfungswerte auf. In Abhängigkeit vom Messpunkt können die Messwerte für das gleiche Prüfmerkmal stark variieren.
In der Praxis haben sich Systeme bewährt, die eine automatische Mehrfachanregung an verschiedenen Messpunkten am Umfang der Bremsscheibe ermöglichen, auch um Einflüsse durch manuelle Eingriffe zu minimieren. In Kombination mit geeigneten mathematischen Algorithmen kann aus den erfassten Messwerten der Wert der minimalen Dämpfung für die relevanten Schwingungsformen berechnet werden. Bei Bedarf kann zudem ein Gesamtwert für die Scheibe als Qualitätskennzahl ausgegeben werden.
Damit kann auch die Dämpfung einer Resonanzfrequenz als Merkmal in der Serienproduktion von Bremsscheiben ermittelt und überwacht werden. Trotz aller Komplexität, muss sichergestellt werden, dass der Ansatz praxisorientiert sowie robust ist, und die entsprechenden Prüfsysteme bedienerfreundlich gestaltet sind.
Dagmar Metzger, RTE Akustik + Prüftechnik GmbH