Stein Gefüge

Akustische Materialprüfung
Werkstücke zerstörungsfrei mittels akustischer Resonanzanalyse prüfen.

Stand der Technik

Um fehlerhafte Teile in der Massenfertigung zu vermeiden, sind innovative Wege in der Prozessbeherrschung, bei Werkstoffen und der Qualitätssicherung unter niedrigen Kosten erforderlich. Insbesondere für sicherheitsrelevante Teile wird eine zerstörungsfreie Prüfmethode (ZfP) wie z. B. Ultraschall, Röntgenanalyse, Magnetpulver- oder Wirbelstromprüfung gefordert und teilweise die maximal zulässige Fehlergröße spezifiziert. Diese Angaben sind aber kaum zielführend, denn wichtig ist, dass das Werkstück die festgelegten Funktionsmerkmale erfüllt und nicht im Feld ausfällt. Die „klassischen“ ZfP-Verfahren verbinden die objektive sensorische Information mit der subjektiven menschlichen Bewertung. Höchste Zuverlässigkeit lässt sich so nicht erreichen.
Die industriell angewendete akustische Resonanzanalyse (auch „Klangprüfung“ genannt) erlaubt eine schnelle objektive und 100 % Prüfung von keramischen und metallischen Werkstücken sowie von Verbundwerkstoffen.

Schwingungen entsprechen Werkstückeigenschaften

Durch eine Fremdanregung breiten sich Schwingungen im Festkörper aus: Er schwingt in bestimmten charakteristischen Formen und Frequenzen, den so genannten natürlichen Eigen- oder Resonanzschwingungen. Sie sind quasi die „Sprache“ des Prüfobjekts. Die Schwingungsausbreitung im Material ist geprägt durch Elastizität, Form, Werkstoff und Gefügestruktur und repräsentiert die mechanischen Eigenschaften des Körpers. Einflüsse wie z. B. ein Riss, eine andere Geometrie oder eine Werkstoffänderung beeinflussen die Resonanzfrequenzen.
Genau diese Effekte macht sich die akustische Materialprüfung zu Nutze. Durch Vergleich der gemessenen werkstückspezifischen Kennwerte mit hinterlegten Referenzwerten lassen sich aus den Resonanzen Gütemerkmale wie „in Ordnung“, „rissbehaftet“, „Material- und Gefügefehler“ zuordnen.

Die Resonanzanalyse gehört zu den volumenorientierten ZfP-Verfahren und bewertet Defekte im Material, während oberflächenorientierte Methoden diese nur an oder knapp unter der Oberfläche beurteilen. Klassische Verfahren haben keinen Bezug zu den mechanischen Eigenschaften des Bauteils, während die Resonanzfrequenzen die mechanische Festigkeit repräsentieren.

Schritte zur Anwendung

Prüfobjekte unterliegen objektbezogenen, prozessbezogenen oder prüfungsbezogenen Einflüssen. Mit dem Resonanzverfahren lassen sich nur die Eigenschaften beurteilen, die das Eigenschwingverhalten des Prüfobjektes beeinflussen. Andere Einflussgrößen sind, falls erforderlich, rechnerisch zu eliminieren. Unter Berücksichtigung der Einflussgrößen ist es notwendig zu prüfen, ob die Resonanzanalyse für die Prüfaufgabe geeignet ist, d. h. die qualitätsrelevanten Fehler erkannt werden können.
Der Eignungsnachweis wird durch eine Machbarkeitsstudie möglich, unterstützt durch eine Modalanalyse (FEM). Wenige Prüfobjekte reichen aus, um zu beurteilen, ob Resonanzfrequenzen messbar sind. Weitere Messungen unter Prozessbedingungen erfassen und bewerten mögliche Einflussfaktoren. Die Resonanzanalyse wird seit vielen Jahren erfolgreich in der Industrie zur schnellen und sicheren Riss- und Gefügeprüfung von sicherheitsrelevanten Komponenten eingesetzt.

Erfahrungen bei Anwendern haben u. a. gezeigt:
• Temperaturunterschiede verändern Resonanzfrequenzen, können jedoch während der Prüfung kompensiert
werden.
• Bei Sintermetallzahnrädern sind nach einer Drehmomentbelastung genau die Teile ausgefallen, deren
Resonanzfrequenzen von den Gutteilen abwichen.
• Intelligente Verfahren erlauben eine zuverlässige Klangprüfung von Keramikprodukten und Verbundmaterialen mit hoher material- und fertigungsbedingter Streuung.
• Das Verfahren bringt dem Anwender erheblichen Kosteneinsparung: Kurze Prüfzeit, kostengünstige Automatisierung, keine Verbrauchsmaterialien und Serienbegleitende Dokumentation.

Zukunftsweisende Arbeiten und Entwicklungen

Die akustische Resonanzanalyse ergänzt die klassischen ZfP-Verfahren für die schnelle Komponentenprüfung. Ziel ist es die akustische Prüftechnik noch einfacher und effektiver für die industrielle Anwendung für den Anwender zu gestallten. Neue Verfahren, wie Mustererkennung und KI-Modelle werden hierbei eine wichtige Rolle spielen.

2021, Jörg Ritter, RTE Akustik + Prüftechnik GmbH